Stellungnahme zur Regiobus-Ansiedlung in Gehrden
Wir GRÜNEN sind in dieser Frage zwei Prinzipien GRÜNER Ratsarbeit verpflichtet:
An erster Stelle stehen wir für die Umsetzung ökologischer Aspekte in allen Bereichen und Entscheidungen für unsere Stadt- alle unsere Anträge – und das waren nicht wenige in unseren gesamten Ratsperioden- beweisen das.
Genauso wichtig ist für uns aber auch, zu bedenken, welche Auswirkungen und langfristige Folgen unsere Entscheidungen für unsere Stadt und die Bürgerinnen und Bürger haben.
Von diesen beiden Gesichtspunkten haben wir uns GRÜNE in der Fraktion auch bei der Entscheidung zu einem Betriebshof in Gehrden leiten lassen.
Der Beschluss zur Ablehnung des Standortes für den Betriebshof in Gehrden ist in großer Einmütigkeit von der Fraktion gefasst worden.
Ich möchte an dieser Stelle gern noch einmal die Entwicklung nachzeichnen:
Vor ca. 2 Jahren teilte uns der Bürgermeister mit, dass sich regiobus in Gehrden ansiedeln wolle und bereit sei, eine etwa 32.000 m² große Fläche zu erwerben, um darauf einen hochmodernen Busbetriebshof mit Wasserstofftankstelle zu errichten.
Dann kam lange Zeit gar keine Information vom Bürgermeister zu diesem Thema mehr und dann – wurden wir überrascht von den Fakten, die regiobus und Bürgermeister bereits geschaffen hatten, die der Bürgermeister aber im Alleingang mit der Region verhandelt hat , ohne uns und den Rat, der die Entscheidungen in einer Demokratie trifft, überhaupt zu informieren.
Und diese Fakten haben uns bewogen, die Notbremse zu ziehen, weil wir die Auswirkungen, die dieses Riesenprojekt für unsere kleine Stadt im Deistervorland hat, nicht verantworten können.
Mit dieser Riesenfläche voller Bushallen wird die Ansiedlung vieler kleiner und mittelständischer Betriebe – einheimischer, wie neuer – verhindert, es sei denn, es würden an anderen Stellen weitere Gewerbeflächen ausgewiesen, was wir zum einen aufgrund der Struktur unserer Stadt ablehnen, zum anderen aber auch wegen der dann weiteren Zunahme von Flächenversiegelung, die jetzt schon nicht mehr akzeptabel ist.
Wir werden diese Fläche für die mittelständischen Gewerbebetriebe entwickeln und anders, als die Region unterstellt, ist das auch möglich.
Für uns zeigt dieses Megaprojekt für Gehrden keinen Mehrwert.
Wir halten den zusätzlichen Verkehr von hunderten Bussen und zusätzlichen Pendlern nicht für einen Vorteil für Gehrden und der angebliche Nutzen für unsere Stadt, der uns dann in
hektischen, plötzlichen Informationsveranstaltungen vorgestellt wurde, besteht lediglich aus zig Grafiken mit durch nichts belegten Fakten und ist so offensichtlich als nachträgliche Rechtfertigung zu durchschauen gewesen:
Warum sonst wurden diese angeblichen positiven Aspekte erst zusammengestellt, als die Fakten bereits geschaffen waren und der Bürgermeister Gegenwind aus der Politik verspürte?
Hier wurde versucht auszubügeln, was sich der Bürgermeister vorher im Alleingang an Desinformation und Fehlern geleistet hat.
Hätten wir die Kenntnis von der Dimension dieses Vorhabens vor 2 Jahren gehabt, hätten wir dem damals schon nicht zugestimmt.
Als heute schon hochattraktive Kleinstadt im Deistervorland kann Gehrden kein Ansiedlungsschwerpunkt für weitere Riesenprojekte mehr sein. Gehrden darf nicht von einem Gürtel an Mega-Gewerbeflächen eingeschnürt werden. Damit verlöre sie nicht nur an Lebensqualität für ihre Einwohner, sondern auch ihren Charme als Naherholungsschwerpunkt im Deistervorland. Unsere Neubürgerinnen und Neubürger ziehen nach Gehrden, weil sie in der „Kleinstadt mit Herz im Grünen“ leben wollen und nicht, weil sie auf eine Stadt mit einem modernen Busbetriebshof stolz sein wollen.
Die Standortentscheidung für Gehrden erinnert mich stark an Gorleben: ein transparentes Auswahlverfahren zwischen verschiedenen geeigneten Standorten fand – zumindest nach unserem Kenntnisstand- nicht statt, stattdessen gab es eine politische Entscheidung in der Region für Gehrden.
Und jetzt komme ich zum ökologischen Aspekt dieses Vorhabens. Inzwischen finde ich es unerträglich, wie wir GRÜNEN in Gehrden auch mit unserer ökologischen Verantwortung unter Druck gesetzt werden.
Mit Ökologie und der Verantwortung für die Verkehrswende zu argumentieren ist scheinheilig und unlauter, denn alle genannten ökologischen Vorteile, wie Wasserstofftankstelle, Gebäude nach neuestem ökologischen Standards, Fotovoltaik, wären auch an einem anderen Standort in der Nähe gegeben, der nicht so viel von seiner Identität dafür aufgeben müsste, wie Gehrden.
Auch das Argument mit dem Leuchtturmprojekt als Europas modernster Busbetriebshof- was auch noch auf seinen Wahrheitsgehalt zu überprüfen wäre- überzeugt uns nicht, das ist ein Fakt, der in wenigen Jahren von der Entwicklung überholt ist, aber bei uns für viele Jahre hässliche Realität bleibt, hier würde die Einschätzung der SPD vom Betriebshof als einem Jahrhundertprojekt eine ganz andere Bedeutung erlangen.
Mit unserer Ablehnung verhindern wir deswegen die Verkehrswende nicht, wir lassen uns da kein schlechtes Gewissen einreden. Hätten Regionsverwaltung, regiobus und Bürgermeister den Rat rechtzeitig ins Boot geholt, wäre es auch frühzeitig nicht zu diesen Fehlentscheidungen gekommen und die Region hätte genug Zeit gehabt, geeignete Flächen zu finden.
Jetzt, sozusagen 5 nach 12, nachdem der Bürgermeister, die Regionsverwaltung und regiobus Fakten geschaffen haben, von uns zu verlangen, den Kopf für diese Fehlentscheidungen hinzuhalten und die Folgen in Kauf zu nehmen, finden wir in unserer Verantwortung für unsere Stadt nicht richtig.
Wir Ratsleute müssen abwägen, was das Beste für Gehrden ist- und wir haben aus den angeführten Gründen entschieden, dass dieses Projekt nicht für Gehrden passt.
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Und im Übrigen- nur bezugnehmend auf den HAZ- Artikel heute Morgen möchte ich darauf hinweisen, wie unzulässigerweise in der Regionsversammlung ein Zusammenhang zwischen der Abstimmung zur regiobus- Ansiedlung und dem Neubau des Robert- Koch- Krankenhauses konstruiert wird.
Die Konstruktion eines Zusammenhangs zwischen diesen beiden Projekten weisen wir aufs Schärfste zurück. Die weitere Entwicklung des Klinikums ist für Gehrden von sehr großer Bedeutung und wird von den GRÜNEN vorbehaltlos unterstützt.
Fraktionsvorsitzender Heinz Strassmann
Gehrden, 07.10.2020